In ihrem Blogbeitrag „Angst davor, sich zu zeigen?“ schreibt Inke Hummel über Konfrontation und den Wunsch nach Vermeidung von Konflikten. Und wie so oft habe ich diesen Text genau zur richtigen Zeit entdeckt. Ich merke momentan wieder verstärkt, dass ich vieles gegen mein eigentliches Bedürftnis mache, nur um Konflikte zu vermeiden.
Wenn K1 will, dass ich seine Autos rumschiebe, weiß ich genau: Sage ich ehrlich, dass ich dazu keine Lust habe, gibt es großes Geschrei. Natürlich darf das eigentlich kein Grund sein, dann einfach nichts zu sagen, aber ganz ehrlich? Ja, manchmal schiebe ich dann einfach seine Autos. Und ich fühle mich nicht gut dabei. Weil ich mich „rumkommandiert“ fühle. Weil ich Dinge mache, die ich eigentlich nicht will. Weil es sich feige anfühlt. Aber die Kraftreserven, wie Inke sie so treffend nennt, reichen oft einfach nicht aus. Und ja, manchmal habe ich auch schlichtweg keine Lust, wieder ein unnötiges Gekreische zu verursachen.
Es ist schwerer, als ich gedacht hätte, einen Mittelweg zu finden. Natürlich fällt mir kein Zacken aus der Krone, wenn ich mal etwas meinem Kind zuliebe mache, auf das ich eigentlich keine Lust habe. Immerhin muss auch mein Kind viele Dinge tun, auf die es keine Lust hat. Aber Überhand nehmen darf es nicht (in beide Richtungen!). Ich muss lernen, auch auf mich selbst zu achten – das habe ich in den letzten Jahren stark vernachlässigt. Dabei weiß ich, dass bedürfnisorientiert bedeutet, die Bedürfnisse aller zu beachten.
Dennoch bleibt oft das Gefühl, dass sein Bedürfnis zugunsten von meinem untergeht. Dass nur einer von uns sein Bedürfnis erfüllt bekommen kann – und dann stecke ich lieber ihm zuliebe zurück, Der Wunsch, ihm immer gerecht zu werden, ist erstaunlich tief in mir verankert. Dabei weiß ich, dass das nicht geht und auch gar nicht gut ist. Er soll und muss lernen, dass andere Menschen ebenfalls Bedürfnisse haben. Dass man gemeinsam auf Lösungssuche gehen sollte. Und ja, auch dass es furchtbar frustrierend ist, wenn das eigene Bedürfnis mal nicht erfüllt werden kann.
Wir wollen doch authentisch sein als Eltern. Wir wollen unseren Kindern ein zugewandtes Miteinander vorleben. Und dazu gehört auch, die Bedürfnisse aller anzuhören und gemeinsam zu überlegen, wir man sie unter einen Hut bekommen kann – oder wenn das mal nicht geht, wie man das dann vielleicht an anderer Stelle nachhholen/kompensieren kann.
Also versuche ich, jetzt auch mal ehrlich zu sagen: „Du, ich habe gerade gar keine Lust, deine Autos zu schieben. Du kannst das gern selbst machen – oder schauen wir uns lieber zusammen ein Buch an?“.