Seit ich Inke Hummels neuen Buchtitel „Nicht zu streng, nicht zu eng“ kenne, muss ich immer öfter darüber nachdenken, wie ich eigentlich zu unseren Kindern bin. Bin ich eher zu streng oder zu eng? Ich könnte natürlich warten, bis ich das Buch gelesen habe (und es wird mir sicher neue Sichtweisen und Denkanstöße liefern), aber ich möchte mir vorher schon ganz unvoreingenommen meine eigenen Gedanken zu dem Thema machen.
Zu streng bin ich ziemlich sicher nicht, eher im Gegenteil. Aber wo hört eigentlich Umsorgen auf und wo fängt Verwöhnen an? Verwöhnt man nicht gerne mal aus Liebe zum Kind, weil man ihm gern Gutes tut (wie ja z.B. auch dem Partner)? Oder nimmt man dem Kind eher Dinge ab, weil man sich sorgt oder ihm zu wenig zutraut? Beides kann natürlich zu viel sein – wobei ich glaube, Letzteres hemmt die kindliche Entwicklung weitaus mehr. Aber auch zu viel Liebe kann zu eng sein. Und dieses „zu eng“ definiert jeder für sich selbst anders. Und das ist ja auch richtig, weil auch jedes Kind anders ist.
Unvergessen ist für mich der „Shitstorm“, der über eine Mutter hereinbrach, die ihrem Kind die Klobrille warmföhnte. Wie kann man sein Kind so verwöhnen! Was die wenigsten machen: Mal genauer hinschauen und hinterfragen. Wenn ich meinem Kind den Start in den Tag damit erleichtern kann, warum denn eigentlich nicht? Vielleicht ist ihm einfach immer kalt und kommt daher morgens nicht aus dem Bett? Es würde vielleicht langen Stress und Gezanke geben und die Mutter müsste ein unglückliches Kind zum Kindergarten zerren.
Meine Mutter hat früher meinen Schlafanzug vor dem Baden auf die Heizung gelegt. Hat sie mich damit verzogen oder war das einfach eine nette Geste? Wenn K1 nach einem langen Kindergartentag auf dem Arm getragen möchte, mache ich das. Und ich mache es gerne. Weil ich weiß, dass der Tag für ihn Arbeit war. Trotzdem ist die Stimme „Du verwöhnst ihn doch!“ auch bei mir manchmal da. Kann man seinem Kind überhaupt noch etwas Gutes tun, ohne dass es gleich bewertet wird?
Im Grunde glaube ich, es kann so ziemlich alles richtig sein, wenn es in gesundem Maße geschieht und sich alle Beteiligten damit gut fühlen. Und wenn ich für mich selbst definiert habe, was „ok“ ist, kann ich das auch anderen gegenüber vertreten. Für dich ist das Verwöhnen? Das mag sein, für uns passt das aber gut. Wenn ich merke, dass es sich falsch anfühlt, meinem Kind immer die Schuhe anzuziehen, weil es das eigentlich schon lange selbst kann, sollte ich es lassen und ggf. auch den Frust des Kindes aushalten und begleiten.
Aber wichtig ist auch, mal den Blickwinkel zu ändern und aus Kindersicht zu schauen. Erdrücke ich mein Kind (mit Liebe oder Sorge)? Sollte ich ein bisschen mehr loslassen, mehr zutrauen, meinem Kind mehr Flügel geben?